Müllhauptstadt
Wir verbrennen statt trennen
Glas, Metalle, Papier und Kunststoffe, seien es Verpackungen oder Gegenstände, die uns das Leben leichter machen, fallen täglich in unserem Alltag an. Im Restmüll haben diese nichts zu suchen. Denn alles was im Restmüll landet wird verbrannt und die Ressourcen und die darin bereits enthaltene Energie sind für immer und unwiederbringlich verloren.
Diese können zum großen Teil aber aufbereitet und immer wieder zu neuen Produkten werden.
Nebenbei kann man so die Welt retten und erheblich Müllgebühren sparen.
Es wird viel über Recyclingquoten diskutiert.
Viel entscheidender ist es über die Sammelquoten zu sprechen.
Nur wenn viel gesammelt wird,
kann auch viel recycelt und verwertet werden.
Durchschnittswerte für Deutschland umgerechnet in Kg pro Einwohner und Jahr im Vergleichsjahr 2022. Das Duale System lizenziert die Entsorgung und das Recycling für Verpackungen und erhebt dafür eine Gebühr bei den Herstellern.
Bei Glas und Plastik gibt es aber eine erhebliche Menge an Nichtverpackungen StNVP (stoffgleiche Nichtverpackungen). Deshalb sind die Umlaufmengen größer als die lizenzierten Mengen.
Die Recyclingquoten beziehen sich immer auf die gesammelte Mengen, denn nur was gesammelt wird, kann auch recycelt werden.
Sehr entscheidend ist deshalb eine hohe Sammelquote. Diese ist aber nur mit einem Holsystem erreichbar.
Schlusslicht: Besonders schlecht schneidet München als größte Kommune in Deutschland
im Vergleich zu anderen Kommunen ab
Umlaufmenge
Lizenziert DSD
Sammelmenge ⌀ in D
Recyclingquote in Bezug auf Sammelmenge
München
Augsburg
Nürnberg
Aschaffenburg
Bayern ⌀
6,5 Bringsystem
34,5 Holsystem
26,4 Holsystem
29,4 Holsystem
22,2 knapp 70 % Holsystem
etwa 50
etwa 41
32
67,5 Prozent
etwa 50
etwa 40
23
81,4 Prozent
19,4
18,3
25,2
27,1
24,3
alle im Bringsystem
60
Vergärung
zu Biogas
31,2
65,4
37
96,7
57,2
Holsystem und Bringsystem
151
wird restlos verbrannt
200,6
148,7
193,6
136,6
140,5
alle im
Holsystem
Alle Angaben in Kg/Ew/a - Kilogramm pro Einwohner und Jahr
Für Umlaufmengen gibt es nur angenäherte Daten über Informationen zu Neuproduktionen für den Haushaltsbereich. Produkte aus Kunststoff und Glas können dabei beispielsweise auch mehrfach benutzt oder exportiert werden. Bei Plastik kommen stoffgleiche Nichtverpackungen dazu: Zahnbürste, Eimer, Bobbycar, Kugelschreiber u.v.m. Dennoch geben die Werte eine ungefähre Vorstellung über die Wertstoffmengen im Müll, die ohne ein Recycling verloren sind. Nachhaltige Energie und Recycling sind die wichtigsten Zukunftstechnologien, ohne die ein Überleben auf der Erde für zukünftige Generationen nicht möglich sein wird.
Fehlwürfe bei der Sammlung sind zum Großteil ebenfalls Wertstoffe und von geringer Bedeutung, da diese über moderne Sortiersysteme erkannt werden und entsprechend zugeordnet werden.
Verpackungs- und Plastikmüll
Plastikmüll landet oft im Restmüll und in München sogar der größte Teil. Der Wertstoff wird verbrannt mit dreifacher CO2-Belastung gegenüber einem Recycling und zudem mangelhafter Energieausnutzung, da Plastik zusammen mit Restmüll in der Müllverbrennung nur einen um zwei Drittel reduzierten Energieertrag hat.
82 Prozent der werkstofflichen Verwertung wurden im Inland recycelt. Für eine weitere Erhöhung der Recyclingquote ist ein gesetzlich verpflichtendes Verpackungsdesign mit Blick auf die Wiederverwertung richtig. Größtes Problem ist und bleibt hier aber noch die mangelnde Sammelquote. Unsortierter Plastikmüll darf nicht aus der EU exportiert werden.
Glas
Zwar gute Recyclingquote, aber ungenügendes Sammelergebnis (Bringsystem). Es wird in beinahe allen Kommunen viel zu wenig des im Umlauf befindlichen Glases eingesammelt.Die Recyclingquoten werden nicht erreicht. Besser Holsystem oder Glas abgeben, wo auch Glas gekauft wird. Dies empfiehlt das INFA-Institut in einer Studie für das Verpackungsregister. Zudem insgesamt hoher Energieaufwand für das Einschmelzen beim Recycling. Ein erweitertes und verbessertes Pfand- und Mehrwegsystem reduziert Müllmenge und Energieaufwand.
Biomüll
Rundum empfehlenswert, aber ungenügendes Sammelergebnis. Der Wert von Biomüll wird nicht erkannt. Zuviel Biomüll landet im Restmüll. Es fehlen Anreize.
Restmüll
Restmüll enthält zu zwei Drittel recycelbare Wertstoffe und in München sind das sogar drei Viertel wegen des ineffizienten Bringsystems für Leichtverpackungen mit Sammelcontainern.
Dies zeigt eine vom Umweltbundesamt beauftragte, repräsentative Analyse von Siedlungsrestabfällen in Deutschland (zuletzt veröffentlicht im Jahr 2023). Demnach landet viel zu viel Bioabfall in der Restmülltonne; im Schnitt 39,3 %. Ein weiteres Drittel sind Wertstoffe wie Plastikmüll, Glas und Papier, Textilien. Diese Abfälle könnten bei sauberer Trennung voll-ständig dem Recycling zugeführt werden.
Der Abfall, der tatsächlich in die Restmülltonne gehört, hat nur einen Anteil von 32,6 %. in München, wo es kein Holsystem für Verpackungen und Plastikmüll gibt, liegt die Menge an echtem Restmüll sogar noch niedriger. Stichproben der Hausverwaltung im Olympiazentrum haben einen Anteil von nur 25 Prozent ergeben. 75 Prozent im Restmüll waren dort Wertstoffe.
Alle großen Kommunen in Deutschland sammeln Plastikmüll im Holsystem. Das hat seinen Grund, denn mit dem bequemen Holsystem und der Gelben Tonne direkt im Haushalt lässt sich sehr viel mehr Plastikmüll sammeln, als im Bringsystem, wo die Bürger Ihren Müll zu den in der Stadt verteilten Containern bringen müssen. Geeignete Plätze gibt es insgesamt zu wenig, die zudem sehr schlecht verteilt sind.
Das sagen Studien des Bundesministeriums für Umwelt und dies lehren die Erfahrung der anderen Kommunen und die eigene Wahrnehmung sowie der gesunde Menschenverstand.
1. Bequeme Abholung von Zuhause
14-tägiger Rhythmus
Wertstofftonne/Gelbe Tonne für Metall und Kunststoffverpackungen wird kostenlos bereitgestellt.
Auch weniger mobile und vielbeschäftigte Menschen können rund um die Uhr
ohne Beschränkungen und Aufwand leicht und bequem einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zur Bewahrung von Ressourcen leisten.
Überflüssiger Verkehr zu den Sammelplätzen mit dem Privat-PKW zum Müllentladen entfällt durch die Sammelabholung. Auch die unerlaubte Entsorgung von Gewerbemüll mit dazugehörigem Verkehr wird gestoppt. Ebenso die aufwändige Reinigung der Containerplätze und die Fahrten des Reinigungsdienstes.
2. Die Ursache für Müllablagerungen und die zunehmende Verschmutzung von Straßen und Grünanlagen wird entzogen.
Unhygienische Zustände, wie Vandalismus oder die regelmäßige Rattenplage im Sommer haben keine Grundlage mehr.
3. Müllgebühren bleiben, wie sie sind. Bei einer Reduzierung der Restmülltonnen sinken sie sogar.
Es ist anzunehmen, dass Restmülltonnen zu Gelben Tonnen umgewidmet werden können.
Das Leichtverpackungs-Recycling bezahlen wir alle bereits beim Kauf der verpackten Produkte mit.
Das Duale System organisiert die Abholung ohne zusätzliche Kosten.
Wird Kunststoff als Restmüll verbrannt, fällt dagegen für die Bürger ab 2024 eine jährlich steigende CO2-Abgabe an, da der Müll fossile Rohstoffe enthält. So werden sich durch das Verbrennen der fossilen Wertstoffe im Restmüll die Müllgebühren sogar erhöhen.
Das soll Anreize schaffen, diese Stoffe künftig zu vermeiden. Das Bundeswirtschaftsministerium erhofft sich so, dass Abfall dadurch besser recycelt werden, den bei einer Wiederverwertung, fällt die Abgabe nicht an. Der AWM nennt für den Zeitraum 2025-2027 ca. 73,7 Mio. €. Die Müllgebühren steigen deshalb unter anderem ab 2025 um 12 Prozent.
Mit dem Holsystem und weniger fossilem Restmüll steigt diese Abgabe weniger schnell und die Umwelt freut sich.
4. Doppelte Sammelmenge – weniger Aufwand
Aktuell sammelt München 6 kg/EW+Jahr.
Es landen also mind. 35 kg/EW+Jahr an Verpackungsmüll ungetrennt im Restmüll.
Im Holsystem mit der Gelben Tonne/Wertstofftonne werden 35 kg/EW und Jahr oder mehr gesammelt, beispielsweise in Augsburg.
1. Jeder der Glas kauft, kann leere Gläser auch wieder beim nächsten Einkauf zu den Verkaufsstellen mitnehmen und an Stellplätzen vor den Geschäften oder in unmittelbarer Nähe, lärmunsensiblen Plätzen oder auf vorhandenen Wertstoffhöfen entsorgen.
Das spart viele zusätzliche Fahrten zu den Sammelcontainern und steigert das Sammelergebnis. Dies empfiehlt auch das Bundesumweltministerium und das Verpackungsregister.
Quelle: Studie des INFA-Instituts zitiert in der Pressemeldung des Verpackungsregisters.
2. So verschwinden Glascontainer aus reinen Wohngebieten, die für Müllablagerung missbraucht werden können
und die für die Anwohner eine Lärmquelle rund um die Uhr darstellen.
Der Mülltourismus von außerhalb der Münchner Stadtgrenzen wird unterbunden.
» Entsprechend sind mit dem Ziel der Maximierung der Umweltentlastung Holsysteme unter Miterfassung der StNVP (stoffgleiche Nichtverpackungen) zu bevorzugen.
–
» Ausschlaggebend für die Effizienz von Holsystemen aus Sicht des Klimaerwärmungspotenzials ist die Sammelmenge.
-
» Auch wenn die Erfassung mit dem System „Depotcontainer“ bei Nichtberücksichtigung der Kosten des Individualtransports sehr kosteneffizient erscheint, kann ein derartiges System nicht empfohlen werden, da die Sammelmenge der Holsysteme mit diesem System nicht erreicht werden kann.
–
» Bringsysteme sind aus Sicht des Klimaerwärmungspotenzials aufgrund des Individualtransports mit dem PKW auch unter Berücksichtigung von Koppelfahrten, bspw. zum Einkaufen, ineffizient.
–
» Holsysteme sind bei der Erfassung grundsätzlich zu bevorzugen, da sie sowohl ökologisch als auch ökonomisch deutliche Vorteile ausweisen.
–
» Viele Verpackungen landen in Deutschland im Restmüll statt im gelben Sack oder der gelben Tonne – und so zumeist in der Müllverbrennungsanlage statt im Recycling. Das belastet Ressourcen und Klima.
-
Quelle: Studie zur Analyse der Effizienz der Sammlung und Verwertung von Leichtverpackungen, Umweltbundesamt, S. 149–157
Die vollständige Analyse finden Sie hier:
Überflüssige Verpackungen müssen nicht sein. Einweg ist kein Weg, sondern eine Sackgasse. Unverpackt, wenn möglich, ist gut. Coffee to go im mitgebrachten Mehrwegbecher schmeckt wunderbar.
Hersteller, Händler und Kunden müssen zusammen handeln. Für Nutzer alleine, sind für die Möglichkeiten enge Grenzen gesetzt. Etwa 30 Prozent der Umverpackungen sind überflüssig. Dieses Potenzial einzusparen wird ohne gesetzliche Regulierungen nicht möglich sein.
Aus der guten Absicht der Bürger, Müll zu vermeiden, machen Stadtpolitiker allerdings gerne das Zerowaste-Märchen.
Damit lassen sich gut Wahlkampf machen und schöne Plakate gestalten. Letztlich ist das eine Utopie und Greenwashing. Weniger Verpackungen ist richtig, aber ganz ohne lässt sich das in unserer Gesellschaft nicht realisieren. Konzepte, die nur auf Müllvermeidung setzen und eine Kreislaufwirtschaft ausschließen, schauen nur auf dem Papier gut aus, nicht aber in der Wirklichkeit. Nur zusammen haben Vermeiden, Wiederverwenden und Kreislauf eine Chance auf Nachhaltigkeit.
Je öfter eine Verpackung verwendet wird, desto weniger Müll fällt an und Ressourcen werden geschont. Alle Mehrwegbehälter sollten vollständig recycelbar sein, denn irgendwann ist ein Produktende gekommen und müssen einfach und leicht einer Kreislaufwirtschaft zugeführt werden. Für eine lange Nutzungszeit aller gestalteter Wertstoffe, technischer Produkte und Geräte ist die Reparaturfähigkeit ein lebensverlängernder Faktor und langfristig fällt weniger Müll an.
Nur durch Sammeln und Trennen schließen wir den Kreislauf und können Wertstoffe und die darin enthaltene Energie erhalten. Produkte müssen recycelbar designt sein. Nachhaltig sind Produkte, wenn sie natürlich ersetzt werden können und nachwachsen.
Alles was wir mit Wertstoffen und Energie schaffen, muss am Produktende mit möglichst wenig Energie wieder für neue Produkte aufbereitet werden. Voraussetzung ist eine vollständige Trennung und Sammlung aller Wertstoffe. Wertstoffe, die nicht gesammelt werden und vernichtet werden, sind für eine Kreislaufwirtschaft verloren.
Recycling ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien und für das Überleben der Menschheit auf der Erde alternativlos.
65 Prozent Recyclingquote der eingesammelten Plastikabfälle ist ein Anfang. Recycling braucht aber zusätzlichen Rückenwind. Es könnte viel mehr gesammelt werden und viel mehr Produkte könnten aus Recycling-Kunststoff hergestellt werden. Dazu müssen die Produkte für eine Wiederverwertung designt sein.
Wichtige Voraussetzungen sind, dass die Hersteller verpflichtet werden, Verpackungen für eine Wiederverwertung zu gestalten, dass neu produzierte Kunststoff höher besteuert wird und die Quoten für die Verwertung von Recyclaten erhöht werden. Eine bundesweit geltende Verpflichtung, dass die Wertstoffe effizient direkt im Haushalt mit einem Holsystem abgeholt werden, würde die Sammelmenge erheblich erhöhen.
weniger Restmüll • reduziert CO2 • spart Energie
Weniger Restmüll
Produkte aus recycelten Plastikabfällen verwerten bestehendes Material sinnvoll weiter – und es muss weniger neu hergestellt werden. Was gesammelt und getrennt wird, landet nicht in der Umwelt. Ressourcen werden geschont.
Reduziert CO2
Produkte aus recycelten Plastikabfällen verbrauchen in der Herstellung weniger Rohöl. Dadurch entstehen weniger Treibhausgase – und das schützt die Ozeane und die Atmosphäre. Was im Restmüll landet wird ausnahmslos verbrannt.
Spart Energie
Recycelte Produkte, verbrauchen beim Herstellungsprozess weniger Energie und helfen dabei, die Umwelt zu schützen.
Der letzte Rest - Das lukrative Geschäft mit dem Restmüll
Die Autorin recherchiert vor allem über die Müllsituation in München und warum Verbrennen so umweltschädlich und für die Abfallwirtschaft München so lukrativ ist. Der AWM ist garnicht daran interessiert, die Sammelquote für Leichtverpackungen aus Kunststoff zu fördern. Je mehr Plastik im Restmüll, desto besser brennt die Müllverbrennung und desto dicker der Scheck der Stadtwerke für den angelieferten Brennstoff, für den die Bürger zusätzlich Müllgebühren und CO2 Abgabe bezahlen.
Die Interessen der Stadtverwaltung bei der Abfallwirtschaft sind nicht die der Bürger.
In der Serie
verfolgt die Süddeutsche welcher Müll wiederverwertet wird, wie es besser laufen könnte - und wer daran verdient.
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Wenn Plastik in der Verbrennung oder noch schlimmer - in der Natur landet, dann belastet das nicht nur unsere Umwelt. Wir verlieren Rohstoffressourcen und verschwenden einen Wertstoff, der sehr gut im Kreislauf geführt werden kann. Aber wie geht Kreislauf?
Der Klick auf das Bild hier zu einem Industriekonzept erklärt dies anschaulich.